Nachhaltigkeit ist messbar – in Grad Celsius


Gastbeitrag von Tobias Kollmann und Hannah Helmke im Handelsjournal 05/2022

Die Wirtschaft steht vor einer großen Transformation. Das Ziel ist eine Welt, die sich um nicht mehr als 1,5 °C ­erwärmt. Unternehmen sind gefordert. Wie kommen sie ins Handeln?

Die Klimatransition der Wirtschaft ist eine riesige Herausforderung. Sie bietet aber gleichzeitig auch große Chancen. Unternehmen können beim Klimaschutz jetzt eine Führungsrolle einnehmen, denn sie haben als größte Verursacher des Klimawandels den größten Hebel. Wer rechtzeitig handelt, kann sich vom Wettbewerb abheben und sich als Vorreiter einer 1,5-Grad-Wirtschaft positionieren. Nur Unternehmen, Marken und Produkte, die zu einer Welt beitragen, deren Klima sich um weniger als 1,5 Grad erwärmt, werden in Zukunft akzeptiert, können glaubhaft begeistern und nachhaltig wettbewerbsfähig sein.

Das Problem mit der Maßeinheit

Dieses Gradziel definiert der Pariser Klimavertrag. Die Wirtschaft bemisst ihren Klimafußabdruck aber in der Regel durch den jährlichen Ausstoß an Treibhausgasen in Tonnen CO2-Äquivalente (CO2e). Diese Angabe ist abstrakt und lässt keinen Vergleich in Bezug auf das Klimaziel zu. Daher ist es sehr sinnvoll, die Klimaperformance eines Unternehmens ebenfalls in Grad Celsius zu messen.

Den Klimaeffekt greifbar machen

Denn wer etwas bewegen möchte, braucht klare Kennzahlen. Das vom Frankfurter Start-up right° entwickelte X-Degree-Compatibility-(XDC)-Modell ermittelt die Klimawirkung eines Unternehmens in einer einfachen Grad-Celsius-Zahl. Es beantwortet die Frage: Um wie viel Grad würde sich das Klima erwärmen, wenn die gesamte Welt die gleiche Klimaperformance hätte wie das betrachtete Unternehmen? Der Vorteil: Grad Celsius ist eine Maßeinheit, die für alle Kunden, Mitarbeiter, Führungskräfte und andere Stakeholder verständlich ist. Dabei stellt das XDC-Modell alle klimarelevanten Entscheidungen auf ein wissenschaftliches Fundament und hilft dabei, den Fortschritt zu verfolgen und transparent zu kommunizieren. Denn nur wer die Klimawirkung seiner wirtschaftlichen Aktivitäten kennt und versteht, ergreift die richtigen Maßnahmen, die den Klimafußabdruck des Unternehmens ausreichend verkleinern.

Klimaneutral bis 2050 – reicht das nicht aus?

Will die globale Gesellschaft die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzen, muss der CO2-Ausstoß lange vor 2030 deutlich sinken. Der Weg hin zu Net Zero bestimmt, ob wir das 1,5-Grad-Ziel erreichen oder darüber hinausschießen. Denn der Klimawandel entsteht durch die kumulierte Menge an Emissionen über die Zeit.

Grafik: Adaption Handelsjournal

Glaubhaft über Nachhaltigkeit sprechen

Für Unternehmen, aber besonders auch für Consumer-Brands, ist es heute wichtiger denn je, authentisch zu kommunizieren. Die Reputation steht auf dem Spiel, denn Greenwashing wird schnell entlarvt. Deshalb unterstützt right° nicht nur DAX-Konzerne, sondern auch Marken wie Weleda, Kneipp, Fritz Kola oder Katjes mit seiner Klimametrik. Die berechnete Kennzahl kann eine entscheidende Rolle für das Image spielen: Wer möchte schon die Produkte eines 4-Grad-Unternehmens kaufen? Oder dort arbeiten? Können Unternehmen dagegen kommunizieren, dass sie mit ihrem CO2-Budget im Paris-kompatiblen Bereich liegen, ergeben sich daraus eindeutig Vorteile. Statt voreiligen Klimaneutralitätsmärchen gilt es, glaubhafte Geschichten über den Wandel und über das Gelingen zu erzählen, die inspirieren und sensibilisieren. Denn der Wandel unserer Wirtschaft braucht nicht nur neue Lösungen, sondern auch starke Narrative.